Aktuelles aus dem Gedenkstättenverbund: Denkstättenkuratorium erweitert Netzwerk
- DSKOS
- vor 5 Tagen
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Das Denkstättenkuratorium konnte in den letzten vier Monaten die Vernetzung weiter ausbauen und bedeutende Recherchen für die Erinnerungskultur Oberschwabens vertiefen.
Konstanz: Erinnerung an die Opfer der Krankenmorde und Zwangssterilisation
Am 27.01.25 erinnerte das ZfP Reichenau mit einem Vortrag von Sabine Bade an das Leid der Menschen, die Opfer der NS-Bevölkerungspolitik wurden.
Sabine Bade und Roland Didra recherchieren seit Jahren für die Initiative „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“ zu den Opfern der Zwangssterilisation und der Krankenmorde. Aus dieser Arbeit entstanden 2024 das Gedenkbuch „Es konnte alle treffen“, eine gleichnamige Ausstellung und eine Stolperschwelle vor dem Amtsgericht für 291 Konstanzer Opfer der Zwangssterilisation.
Im Jahr 2025 konzipiert die Initiative fünf Informations- und Gedenkstelen, die an jenen Orten in Konstanz aufgestellt werden, die für das Schicksal der Opfer entscheidend waren: vor dem ehemaligen Gesundheitsamt, am ehemaligen Erbgesundheitsgericht, vor der ehemaligen Frauenklinik, am Klinikum und am Massengrab auf dem Hauptfriedhof.
Sabine Bade konnte bis heute 713 Frauen, Männer und Jugendliche aus dem gesamten Kreis namentlich identifizieren, die in den beiden Konstanzer Kliniken zwangssterilisiert wurden.
Beizkofen/Hohentengen: Nachkommen eines griechischen Zwangsarbeiters besuchen einstige Baracke

Von der einstigen Baracke in Hohentengen, in der 1944 griechische Zwangsarbeiter untergebracht waren, existieren heute nur noch zwei moosbedeckte Steine am Ufer der Ostrach. Der Griechenweg, ein Fußweg entlang der Ostrach, ist zugewachsen, aber der Obstgarten existiert noch. Dennoch reiste die Tochter von Ioannis Sachpeloglou mit ihrer Familie aus Griechenland an, um diesen historischen Ort zu besuchen. Der Besuch konnte durch die Zusammenarbeit der KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen mit dem Denkstättenkuratorium NS-Dokumentation Oberschwaben und dem Geschichtsverein Mengen vorbereitet und realisiert werden.
Hintergrund: Am Morgen des 9. Augusts 1944 kesselten griechische und deutsche Truppen die Gemeinden Dourgouti, Katsipodi und Faros ein, die als kommunistische Stadtviertel Athens galten. Mitglieder der Griechischen Befreiungsarmee EAM-ELAS waren dorthin geflüchtet.
1000 Männer zwischen 16 und 60 Jahren wurden verhaftet und ins Reich deportiert – zur Zwangsarbeit in der Rüstung, für den (Aus-)Bau von Flugplätzen und Untertage-Projekten. Am 19. August folgte ein zweiter Transport mit 1200 Männern.
Am 20.September 1944 wurden 380 von ihnen nach Hailfingen überstellt. Sie sollten die Start- und Landebahn des Nachtjägerflugplatzes verlängern, weitere Rollwege bauen. Es gab keine richtige Unterkunft. Die Nahrungsversorgung und die sanitären Verhältnisse waren katastrophal. Im November 1944 wurden die griechischen Häftlinge in Hailfingen durch jüdische ersetzt. Die Verteilung der Griechen auf andere Militärflugplätze begann. 200 wurden am 30.11.1944 nach Hohentengen/Beizkofen bei Mengen verlegt. Hier waren die Baracken mit einem Ofen und Matratzen in den Bettgestellen ausgestattet. Ioannis Sachpeloglou schrieb in sein Tagebuch: „Wir haben das Gefühl, dass wir uns in ein Hotel einquartierten! Wir sind menschlich untergebracht.“
Karl Kettnacker war ein Bub von zehn Jahren, als die griechischen Zwangsarbeiter eintrafen: „Sie waren ausgehungert, in Decken gehüllt und trugen nur Holzschuhe. Meine Mutter nähte ihnen Handschuhe und Lappen für ihre Füße. Auch mit Lebensmitteln hat sie geholfen. Jeden Tag wurden die Griechen zur Arbeit aufs Flugplatzgelände getrieben.“
Ionnis Tochter – Eleni Sachpeloglou – suchte viele Jahre nach Hinweisen auf das Schicksal ihres Vaters. 2022 traf sie den Historiker Iason Chandrinos in Berlin. Er stellte den Kontakt mit Volker Mall (Hailfingen-Tailfingen) her.
Bad Wurzach: Erinnerung an und Stolpersteinverlegung für Clemens Högg

Bad Wurzach erinnerte sich am 21. Februar 2025 an Clemens Högg. Seinen Widerstand gegen die Nationalsozialisten bezahlte er mit dem Leben. Gisela Rothenhäusler, Mitglied des Denkstättenkuratoriums, und die Initiative „Erinnerung an die Internierten aus Jersey in Bad Wurzach“ brachten den Wurzacher wieder in Erinnerung. Jetzt wurde ein Stolperstein für ihn gelegt.
Clemens Högg, am 20. 11. 1880 in Wurzach geboren, war gelernter Schmied, 1911 Mitbegründer der Neu-Ulmer SP, ab 1920 deren Vorsitzender, 1922 Gründer der Augsburger Arbeiterwohlfahrt (AWO), ab 1928 deren Leiter. Von 1919 bis 1933 war er SPD-Abgeordneter im bayrischen Landtag. 1932 wurde er Vorsitzender der Augsburger „Eisernen Front“ (Erhaltung der Verfassung der Weimarer Republik und die Abwehr republikfeindlicher Kräfte).
Im März 1933: Verhaftung „als marxistischer Volksschädling“, Inhaftierung im Augsburger Gestapogefängnis. Am 29. April 1933: Freilassung mit der Auflage, im bayrischen Landtag dem „Gesetz zur Behebung der Not des bayerischen Volkes und Staates“ zuzustimmen und den Weg frei zu machen für das Ermächtigungsgesetz. 16 SPD-Abgeordnete, darunter Clemens Högg, stimmen dagegen – alle verlieren ihr Abgeordnetenmandat. Am 19. Juni 1933: SS-Leute versuchen Clemens Högg zu erschießen. Er wird aber nur leicht verletzt. Flucht aus dem Gefängnislazarett Wurzach, danach von August 1933 bis Oktober 1934: Haft im Konzentrationslager Dachau, ab 1939 im KZ Oranienburg-Sachsenhausen, ständige schwere Misshandlungen und vielen Monate Einzelhaft. Im Februar 1945: Transport auf Viehwaggons (mit anderen kranken Häftlingen) in das völlig überbelegte KZ Bergen-Belsen. Im Gedenkbuch Bergen-Belsen steht der 11. März 1945 als Todestag, Todesursache Fleckfieber.
Bei den Feierlichkeiten am 21. Februar 2025 überbrachte ein Dokumentarfilmer aus Augsburg ein Grußwort des Vorsitzenden der Arbeiterwohlfahrt und filmte die Feierlichkeit für eine Dokumentation über Clemens Högg. Eine Gruppe von Schülerinnen und Schüler des Salvatorkollegs Bad Wurzach trug vor, was die Lebensgeschichte eines Mannes wie Clemens Högg für sie heute bedeutet. Die Abgeordneten Josef Rief und Martin Gerster vertraten den Bundestag, Petra Krebs und Raimund Haser den Landtag von Baden-Württemberg.
Grenzach-Wyhlen: Recherchen zu den Opfern der Nationalsozialisten durch Sandra Grether und Axel Huettner

In den letzten Monaten ist es dem DSKOS gelungen, das Netzwerk noch weiter auszubauen. Es reicht inzwischen bis nach Grenzach-Wyhlen, dem südlichsten Punkt Baden-Württembergs. Der Austausch von Forschungsergebnissen und das Zusammenwirken für eine erfolgreiche Erinnerungsarbeit sind noch intensiver geworden.
Sandra Grether und Axel Huettner beschäftigen sich seit vielen Jahren mit Opfern der Nationalsozialisten in der Doppelgemeinde Grenzach-Whylen. Auf ihre Initiative wurden im Februar 2025 in Grenzach-Wyhlen die ersten elf Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an die Mitglieder der jüdischen Familien Stein und Bloch, die zur Emigration gezwungen bzw. in den Lagern von Gurs und Auschwitz ermordet wurden.
In den kommenden Jahren sollen insgesamt bis zu 70 Steine hinzukommen für die Opfer der sog. Euthanasie, für Menschen, die wegen ihrer jüdischen Religion, ihrer kommunistischen Aktivitäten verfolgt wurden, für die Personen, die gegen nationalsozialistische Gesetze verstießen (bspw. aufgrund des Hörens von ausländischen Radiosendern oder gegen die Polenerlasse).
Seit Juni 2017 erinnert ein Gedenkstein an der Bettinger Straße an die Hinrichtung des damals 25-jährigen Wladislaw Wielgo, der dort am 26. August 1941 an einer Buche gehängt wurde. Wladislaw und die Grenzacherin Berta Liesenfeld wurden wegen ihrer Liebe denunziert. Berta wurde an der Zielkreuzung an den Pranger gestellt und ins KZ Ravensbrück deportiert.
Des weiteren gab Sandra Grether wertvolle Hinweise auf das Schicksal entwürdigter Frauen und der hingerichteter Polen im Bodenseeraum.
Exkurs – Dezember 2024: Recherche zum Thema „Entwürdigung und KZ für junge Frauen, die Kontakte zu polnischen Zwangsarbeitern hatten“ von Gertrud Graf und Eugen Michelberger

Im Bodenseegebiet und direkt angrenzenden Oberschwaben wurden 1941/1942 neunzehn polnische Männer hingerichtet. Mindestens 26 Mädchen und Frauen wurden denunziert, entwürdigt, in KZ-Haft deportiert und lebenslang gesundheitlich und psychisch geschädigt. Drei von ihnen starben im KZ, eine von ihnen unmittelbar nach der Rückkehr.
Am 8. März 1940 hatte die NS-Reichsregierung ein Sondergesetz zum Umgang mit polnischeN Kriegsgefangenen verkündet. Damit verweigerte die deutsche Führung den polnischen Kriegs-gefangenen den Schutz der Genfer Konvention. Begründung: Der polnische Staat existiere nicht mehr! Die Gefangenen wurden zu Zivilisten erklärt und als Zwangsarbeiter in der deutschen Industrie oder Landwirtschaft ausgebeutet. Bei ihrer Arbeit kamen sie mit deutschen Mädchen in Kontakt, die fast alle unter 21 Jahre alt waren. Diese galten laut Gesetz als minderjährig. Die Mädchen waren in der Land- und Forstwirtschaft oder im Haushalt als sogenannte Haustöchter oder im Freiwilligendienst beschäftigt.
Laut der Polenerlasse galten freundliche Worte, ein Lächeln, eine Hilfeleistung für die polnischen Männer bereits als „Aufforderung für ein sittlicheS Vergehen“ (Rasenschande). Reine Vermutungen und Verdächtigungen genügten für eine Denunziation. Beweise waren nicht notwendig.
Ortsgruppenleiter, Bürgermeister und Mitarbeiter des SD reichten die Meldungen an die örtliche Gestapo weiter. Die Festnahme der Beschuldigten erfolgte auf Anordnung des Ortsgruppenleiters durch die jeweiligen Ortspolizisten (Gendarmen). Diese führten gemeinsam die ersten Verhöre durch. Die Verhafteten wurden dabei massiv misshandelt, deren Geständnis erpresst und meist erst Tage später an die Gestapo übergeben. Weitere Verhöre und Misshandlungen folgten in der Gestapozentrale „Hotel Silber“ in Stuttgart oder in der Villa Reiss in Karlsruhe. Danach wurden Beschuldigte im Polizeigefängnis II in der Weimarstr. 20 in Stuttgart oder im entsprechenden Polizeigefängnis in Karlsruhe inhaftiert. Es folgte die Deportation der weiblichen Gefangenen ins KZ-Ravensbrück und dessen Außenlager. Die polnischen Männer wurden hingerichtet.
Im August/September 1940 entwickelte sich Meckenbeuren bei Friedrichshafen zu einem zentralen Ort der Entwürdigung von Frauen und Mädchen. Am Bahnhof, auf dem Horst-Wessel-Platz, fanden an drei Tagen „Scherungen“ sogenannter „Polendirnen“ statt. Ein weiteres Mädchen getraute sich nicht Bürgermeister Bernhard Sporer und Ortsgruppenführer Paul Bruckmann öffentlich zu demütigen, weil der Bruder als Soldat auf Heimaturlaub war. Sie sorgten aber dafür, dass sie ins KZ kam. Im Kreis Stock wurden Münchhof-Homberg und im Kreis Überlingen Ruschweiler zu Hotspots. Jeweils drei Frauen pro Gemeinde wurden zu Opfern.
Nach 945 haftete den Frauen die Verleumdung aus der NS-Zeit weiter an. Als Entlassene aus einem KZ waren sie gebrandmarkt. Die Dorfgemeinschaft zwang sie, den Ort zu verlassen, sich als Haushaltshilfen oder Hilfsarbeiterinnen auswärts Arbeit zu suchen. Bis in die 70er Jahre erstreckte sich Ausgrenzung sogar auf Ehepartner und Kinder. Wiedergutmachung und Entschädigung wurde ihnen in Baden und Württemberg verweigert.
Begründung: Frauen – insbesondere junge Mädchen – seien im Allgemeinen unpolitisch.
Daher gelte: Die Mädchen/Frauen traten damals nicht aus weltanschaulichen oder politischen Gründen mit polnischen Kriegsgefangenen in engeren Kontakt. In Anbetracht der Verhältnisse, in denen Mädchen aufwuchsen, wäre es etwas Besonderes gewesen, wenn sie sich politisch betätigt hätten. Nicht für jedes Unrecht, das während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geschah, wird eine Entschädigung gewährt. Die Mädchen und Frauen, deren Schicksal in dieser Recherche dargestellt werden, kannten die Polenerlasse und die folgenschweren Strafen. Trotzdem hatten sie den Mut, sich im Alltag zu widersetzen. Aber immer noch gibt es keine öffentliche Erwähnung, keine Gerechtigkeit, keine Anerkennung, kein Gedenken.
Die Anfang 2025 fertiggestellte Forschungsarbeit zur „Entwürdigung und KZ für junge Frauen“ von Gertrud Graf und Eugen Michelberger wurde u. a. in den Beständen der Dienstbibliothek der Außenstelle Ludwigsburg des Bundesarchivs, des Landesarchivs Baden-Württemberg und des Zeppelinmuseums Friedrichshafen archiviert und ist auf der Webseite des Denkstättenkuratoriums (https://www.dskos.de/forschungsergebnisse/bodensee) abrufbar.
Ravensburg: Zusammenarbeit mit den Ravensburger Sinti und Roma

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Ravensburg zu einem bedeutenden Zentrum gewerblicher Aktivitäten für zahlreiche Sinti-Familien. Sie waren als Holzschnitzer, Musiker, Schirmmacher sowie im Handel tätig und prägten das wirtschaftliche Leben der Region mit. Ihre Wägen standen an verschiedenen Orten im Stadtgebiet, unter anderem am Bruderhaus, bei den Sandsteinhöhlen an der Berger Straße, auf dem Weißenauer Schuttplatz, in der städtischen Kiesgrube, entlang der Oberzeller Straße und der Kanalstraße, sowie an der Mühlbruck.
Im Jahr 1937 wurden sämtliche 117 in Ravensburg lebenden Sinti durch die Nationalsozialisten enteignet und ihrer Wägen beraubt. Familien wurden in das eigens errichtete und umzäunte Barackenlager im Ummenwinkel zwangsumgesiedelt. Dort waren sie einer strengen Kontrolle ausgesetzt, litten unter systematischer Diskriminierung und Schikane, mussten Zwangsarbeit verrichten und wurden in vielen Bereichen ihrer kulturellen Identität beraubt.
Am 13. März 1943 deportierte das NS-Regime 38 Ravensburger Sinti – darunter Männer, Frauen und Kinder – in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Dort wurden 29 von ihnen ermordet. Nur sechs der deportierten Ravensburger Sinti überlebten die Gräuel des Vernichtungslagers.
Trotz dieser traumatischen Erfahrungen haben die Ravensburger Sinti nach dem Zweiten Weltkrieg in Ravensburg eine neue Lebensgrundlage aufgebaut. Das Denkstättenkuratorium NS-Dokumentation Oberschwaben ist – gemeinsam mit weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren – an der Planung und Realisierung eines Denkmals am ehemaligen Ummenwinkel in Ravensburg beteiligt, mit welchem an das Unrecht erinnert werden soll, das die Sinti und Roma Ravensburgs zur NS-Zeit erfahren mussten.
Die Zusammenarbeit des Denkstättenkuratoriums mit den Ravensburger Sinti und Roma in Ravensburg setzte sich auch am Sonntag, den 16. März, mit einem tief bewegenden Gedenkgottesdienst fort, mit dem an die Deportation der Sinti und Roma aus Ravensburg erinnert wurde.
Im Mittelpunkt stand an diesem Abend die Geschichte des Sintojungen Kajetan, welchem das Leben und die Freiheit Stück für Stück genommen wurde. Die verlesenen Auszüge stammen aus dem Roman „Brennnessel-Haut“ der Kinder- und Jugendbuchautorin Iris Lemanczyk, deren Erzählung auf Gesprächen mit Hildegard Franz, Kajetan Reinhardt und Heiner Geißler basieren. Der Roman illustriert eingehend, wie trotz Ausgrenzung, Ghettoisierung, Deportation und furchtbarem Leid - Freundschaft, menschliches Miteinander und der Glaube Halt und Orientierung sein können. Das Denkstättenkuratorium NS-Dokumentation Oberschwaben beteiligte sich mit der stellvertretenden Vorständin Birgit Brüggemann an der Rezitation diverser Ausschnitte aus der Geschichte.
Die von der Gypsy-Jazz-Band „Die Drahtzieher“ atmosphärisch begleitete Gedenkveranstaltung endete am Mahnmal vor der Kirche, wo mit 38 aufgestellten Kerzen an die deportierten Sinti der Stadt Ravensburg erinnert wurde. Der Denkort wurde 1999 auf Initiative von Dorothea Kiderlen und in Zusammenarbeit mit den Ravensburger Sinti, der Stadt Ravensburg und der Pfarrgemeinde St. Jodok errichtet. Der Text auf dem Mahnmal enthält die Namen vieler der Ermordeten und lautet: „Zum Gedenken an die 29 Ravensburger Sinti, die am 13. März 1943 ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort in den Jahren 1943 und 1944 ermordet wurden. Alle stammten aus Ravensburg und gehörten zur Pfarrgemeinde St. Jodok.
Bad Waldsee: Gedenken an die Ermordeten des Todesmarsches im April 1945

Am 29. April erinnerte die Stadt Bad Waldsee, Mitglied des Denkstättenkuratoriums, mit einer öffentlichen Gedenkfeier im Museum im Kornhaus an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren.
Im Mittelpunkt stand das Gedenken an Auguste Bonal, Lucien Monjoin, Karl Panhans und Julius Spiegel – vier Häftlinge, die kurz vor Kriegsende auf den Todesmärschen aus den Wüste-Lagern auf der Schwäbischen Alb auf dem heutigen Gemeindegebiet Bad Waldsee (Unterurbach und Haisterkirch) von den Nationalsozialisten erschossen wurden. Eine Gedenktafel des Denkstättenkuratoriums in Bad Waldsee erinnert an diese Ereignisse im April 1945.
Bei der offiziellen Gedenkveranstaltung, an der auch Vertreter aus Montbéliard und Sochaux sowie aus Bad Waldsees französischen Partnergemeinden aus Bâgé teilnahmen, sprachen Oberbürgermeister Matthias Henne, Bürgermeisterin Monika Ludy und der französische Generalkonsul Gaël de Maisonneuve. Auch Thierry Peugeot, ein früherer Aufsichtsratsvorsitzender von Peugeot, und Vertreter des FC Sochaux waren anwesend. Henne begrüßte die Anwesenden und hob dabei die Bedeutung des gemeinsamen Gedenkens hervor. Er betonte, dass ein solches gemeinsames Gedenken in vergangenen Zeiten unvorstellbar gewesen wäre und dass es nun eine gemeinsame Verantwortung sei, zukünftige gewaltsame Konflikte zu verhindern.
Generalkonsul Gaël de Maisonneuve aus Stuttgart und Thierry Peugeot trugen sich an der Gedenkfeier in das „Goldene Buch“ der Stadt ein. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Georg Hinderberger und Matthias Romer. Auch Schüler des Gymnasiums Bad Waldsee wirkten mit. Die Gedenkveranstaltung wurde von vielen Interessierten besucht und trug dazu bei, das historische Bewusstsein und die deutsch-französische Freundschaft zu stärken. Kooperationspartner waren das Denkstättenkuratorium NS-Dokumentation Oberschwaben, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA), die LpB Baden-Württemberg, das Gymnasium Bad Waldsee und die vhs Bad Waldsee.
Die Stadt Bad Waldsee und der Museums- und Heimatverein zeigten zu diesem Anlass über mehrere Wochen im Museum im Kornhaus die Ausstellung „Freiheit – so nah, so fern“ der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Ergänzt wurde die Ausstellung durch Informationen zur Situation in Bad Waldsee kurz vor Kriegsende. Die von der Stadt und dem Museums- und Heimatverein Bad Waldsee konzipierten Erweiterungstafeln sind in Form einer „digitalen Ausstellung“ auf den Webseiten des Denkstättenkuratoriums zu finden (Direktlink: https://www.dskos.de/gedenkorte/bad-waldsee).
Im gesamten Ausstellungszeitraum war es den Besucherinnen und Besuchern möglich, die Forschungsarbeit „Todesmärsche im April 1945 aus den ,Wüste‘-Lagern und dem KZ Spaichingen durch Oberschwaben und das Allgäu bis in die bayrischen Alpen“ von Gertrud Graf und Eugen Michelberger zu beziehen, die vom Denkstättenkuratorium herausgegeben wurde und grundlegende, zu der Veranstaltung passende Forschungsergebnisse beinhaltet. Die Publikation stieß auf hohe Resonanz.
Text: Gertrud Graf, Eugen Michelberger und Hendrik Schuler