Bad Buchau
Synagoge | Jüdischer Friedhof | Bahnhof Grünanlage

Denkort Synagoge
Bad Buchau: Ecke Hofgartenstraße/Schussenriederstraße
Buchau war fast 600 Jahre die Heimat jüdischer Familien. Zuerst wohnten sie in der Judengasse und den angrenzenden Gassen. In der Judengasse wurde im 16. Jahrhundert eine Synagoge gebaut, vorher trafen sich die Gläubigen zum Gebet in Beträumen. Drei sind in Buchau belegt, einer davon ist im Schuhhaus Konrad heute noch erhalten.
Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts konnten sich die Juden im ganzen Stadtgebiet niederlassen. Jüdische Geschäfte und Häuser prägten das Stadtbild. Die Synagoge war ein weithin sichtbares Zeichen der großen Gemeinde. 1839 wurde sie gebaut, 1938 nach mehreren Brandanschlägen zerstört. Die Besonderheit der Buchauer Synagoge war eine Glocke, die zum Gebet läutete und die Gläubigen in die Synagoge rief. Im 19. Jahrhundert waren die Juden ganz entscheidend an der wirtschaftlichen Entwicklung von Buchau beteiligt.
Betriebe in der Textilherstellung und Verarbeitung waren Hauptarbeitgeber und die Besitzer angesehene Bürger der Stadt. Im 19. Jahrhundert war ein Drittel der Gesamtbevölkerung jüdischen Glaubens. Um 1900 verringerte sich die Zahl. Nach dem 2. Weltkrieg lebten noch drei jüdische Mitbürger in Buchau. Sie überlebten das Konzentrationslager Theresienstadt und kamen in ihre Heimat zurück.
Einer der Rückkehrer war Siegbert Einstein (1889 - 1968). Er kam im Februar 1945 noch in das Konzentrationslager Theresienstadt. Nach seiner Rückkehr arbeitete er für viele Buchauer Juden für die Wiedergutmachung und pflegte einen regen Briefkontakt.
Am Platz der ehemaligen Synagoge sind heute 2 Tafeln, die an die jüdische Gemeinde erinnern. An der Stelle wo früher die Thoralade stand ist heute eine Trauerweide. Steine der Synagoge wurden 2006 auf einem privaten Grundstück ausgegraben. Sie sind auf dem Jüdischen Friedhof aufgestellt.
Text: Ch. Mayenberger
Der jüdische Friedhof
Bad Buchau: Friedhofstr.
Der Friedhof ist heute ein sichtbares Zeichen der einstmals großen jüdischen Gemeinde. Auf dem Buchauer Friedhof ruhen fast 1000 Tote. Erhalten sind 827 Gräber, im Dritten Reich wurden Gräber geschändet und teilweise die Grabsteine entfernt.
1650 wurde der Friedhof angelegt und 1675 war die erste Bestattung. Ab 1795 wurde der Begräbnisplatz mehrmals erweitert, 1851 mit einer Mauer umgeben. 1894 bekam er ein Eingangstor mit Pfeilern. Auf den Tafeln rechts und links des Tores steht in Deutsch und Hebräisch: „Bestelle dein Haus, denn du musst sterben“.
Im Jahre 1860 kaufte sich die Gemeinde einen Leichenwagen, der heute noch in der Leichenhalle an der Friedhofsmauer steht.
Der jüdische Friedhof war auch „der Gute Ort“ für die Nachbargemeinde Kappel. Die jüdische Gemeinde hatte eine eigene Synagoge, Mikwe und Schule aber keinen eigenen Begräbnisplatz. Sie bestand von 1793 bis 1873.
Um an die Opfer des Holocaust zu erinnern, ließ die Stadt Bad Buchau 1991 auf dem Jüdischen Friedhof ein Mahnmal aufstellen. Es besteht aus einem Findling mit der Inschrift „Dem Gedenken unserer jüdischen Mitbürger“ und einer Stele mit den Namen der Ermordeten.
Seit 1992 wird regelmäßig am 9. November in einer Gedenkstunde an die Zerstörung der Synagoge und an die Opfer der Shoa erinnert.
Text: Ch. Mayenberger
Literatur: Charlotte Mayenberger, Juden in Buchau, Federsee Verlag 2008, Charlotte Mayenberger, Moritz Vierfelder - Leben und Schicksal eines Buchauer Juden, Federseeverlag 2000, Charlotte Mayenberger, CD Der jüdische Friedhof Bad Buchau
Denkort Bahnhof
Bad Buchau: Grünanlage Schussenriederstraße
In der Grünanlage beim ehemaligen Bahnhof erinnert eine Stolperschwelle und eine Tafel mit den Namen der Deportierten und Ausgewanderten an die ehemaligen jüdischen Mitbürger aus Buchau.
Nach der Zerstörung der Buchauer Synagoge im November 1938 kam im Jahre 1939 eine große Auswanderungswelle in Gang . Im Dezember 1941 begannen die Deportationen. Die Buchauer Juden wurden zuerst mit der Eisenbahn nach Stuttgart auf den Killesberg in ein Sammellager verfrachtet. Vom Nordbahnhof in Stuttgart gingen die Transporte in die verschiedenen Konzentrationslager. Siegbert Einstein überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt und schilderte in einem Brief zwei Begebenheiten der Deportation:
„Tante Regina Sara Einstein, Klara Schmal, Berta Einstein und Luise Erlanger wurden morgens um 4 Uhr durch die Sanitäter zur Bahn gebracht. Zum Transport diente ein gewöhnlicher 4rädriger Handwagen – ein Henkerkarren, die Frauen waren durch die Räder schon beschmutzt, bevor sie nur recht saßen. Es war furchtbar deprimierend, wie alles, was in dieser Nacht geschah. Dazu die Randbemerkungen der Sanitäter! Im August 1942 begleitete ich den damaligen Transport bis Stuttgart. Ich konnte mich noch als einer der Wenigen Betreuer zwei Tage inmitten der über 1000 Personen zählenden Opfer aufhalten, war beim Einladen auf dem Nordbahnhof zugegen, es war furchtbar.“
Während des Dritten Reiches lebten 270 Juden in Buchau: 106 Personen sind ausgewandert, 44 Juden sind in Buchau gestorben (drei durch Suizid), von 7 Personen ist das Schicksal unbekannt, 113 Personen wurden deportiert, 4 Juden kamen aus Theresienstadt zurück.
Text: Ch. Mayenberger