Sigmaringen
Landeskrankenhaus - Krankenmorde | "Stolpersteine" für die jüdische Familie Frank

Landeskrankenhaus - Krankenmorde
Nachdem zwischen 1934 und 1942 im Fürst-Carl-Landeskrankenhaus Sigmaringen mehr als 100 vorgeblich „erbkranke“ Männer aus Hohenzollern und angrenzenden Orten zwangsweise unfruchtbar gemacht worden waren, war die Psychiatrie-Abteilung der Krankenanstalt 1940/41 in massiver Weise auch von den nationalsozialistischen „Euthanasie“- Morden betroffen. Insgesamt 90 von seinerzeit 213 behinderten und chronisch kranken Psychiatrie-Patienten wurden am 12. Dezember 1940 und am 14. März 1941 abtransportiert und anschließend in den Tötungsanstalten Grafeneck bei Münsingen und Hadamar bei Limburg durch Gas ermordet. Den Angehörigen wurden fingierte Todesursachen und großenteils auch falsche Sterbedaten und Sterbeorte mitgeteilt. Der Abtransport der anhand von Meldebögen von Ärzten in Berlin als „lebensunwert“ eingestuften Patienten war gegen den Widerstand der Krankenhausleitung erfolgt, die insgesamt 45 Kranke unter Verweis auf ihre für die Anstalt wichtige Arbeitskraft vor der Verlegung und Tötung retten konnte.
Zum 65. Jahrestag des ersten Transports wurde am 12. Dezember 2005 auf dem heute vom Landratsamt Sigmaringen genutzten Gelände des früheren Krankenhauses ein Gedenkstein eingeweiht, um den sich eine rege Erinnerungskultur entwickelt hat. Alljährlich im zeitlichen Umfeld des „Holocaust- Gedenktages“ Ende Januar wird dort der ermordeten Psychiatrie-Patienten und weiterer NS-Opfer aus der Region gedacht.
Text: E. Weber
Literatur: Gabriel Richter: Die psychiatrische Abteilung des Fürst- Carl-Landeskrankenhauses in Sigmaringen im „Dritten Reich“. Leiden, Stigmatisierung, Sterilisation und Tötung angeblich unheilbar Kranker am Beispiel der Hohenzollerischen Lande. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte Bd. 30/31 (1994/95), S. 241 – 282.
Stolpersteine" für die jüdische Familie Frank (Sigmaringen: Karlstraße 31)
Seit Mai 2012 erinnern vor dem heutigen Finanzamt in der Karlstraße 31 in Sigmaringen sechs sog. „Stolpersteine “ an das Schicksal der jüdischen Familie Frank aus Sigmaringen unter der Gewalt- und Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus. Mit der Verlegung der „Stolpersteine“ durch den Künstler Gunter Demnig vor dem ehemaligen Wohn- und Geschäftshaus der Franks erinnern Stadt und Bürgerschaft Sigmaringen an das den ehemaligen Mitbürgern zugefügte bittere Unrecht und den Raub der Heimat. Zur Einweihung der Gedenkstätte am 16. Mai 2012 waren zahlreiche Angehörige in die alte, unvergessene Heimat gekommen.
Die ursprünglich aus Buttenhausen bei Münsingen stammende Familie Frank ist vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis 1938 rund ein halbes Jahrhundert zunächst in Laiz und sodann in Sigmaringen ansässig und hier zunächst im Brauereiwesen und sodann in der Möbelherstellung, im Autohandel sowie im Immobiliengeschäft unternehmerisch tätig. Die Brauereiinhaber Sigmund und Gustav Frank und in der Folge die Fabrikanten Siegfried und Karl Frank sind angesehene Angehörige der Sigmaringer Bürgerschaft, ihre Kinder besuchen als einzige Juden das damalige Staatliche Gymnasium.
Die Familie verlor in den 1930er Jahren unter dem Einfluss der nationalsozialistischen Rassenpolitik ihr soziales Netz und wurde in der Stadtgesellschaft isoliert, ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt, ausgeplündert und schließlich mit massiven Repressionen in die Emigration gezwungen. Verwandte der Franks wurden in den Konzentrationslagern Dachau und Auschwitz ermordet.
Text: E. Weber
Literatur: Edwin Ernst Weber: Geraubte Heimat. Zum bitteren Schicksal der jüdischen Familie Frank aus Sigmaringen in der NS-Zeit. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte Bd. 46 (2010) S. 1-32.