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Grafeneck

Gedenkstätte und Dokumentationszentrum

Gedenkstätte und Dokumentationszentrum

Foto: Birgit Brüggemann




Gedenkstätte 

Gedenkstätte Grafeneck | Foto: Birgit Brüggemann
Gedenkstätte Grafeneck | Foto: Birgit Brüggemann

Die Gedenkstätte Grafeneck ist ein Ort des  Gedenkens und der Erinnerung an die 10654 Menschen – Frauen, Männer und  Kinder – die hier im Jahr 1940 ermordet wurden.

Die Opfer der NS-„Euthanasie“-Morde kamen aus 48 Einrichtungen der  Behindertenhilfe sowie psychiatrischen Kliniken im heutigen  Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Auch aus  einer Vielzahl oberschwäbischer Einrichtungen wurden 1940 die Menschen  nach Grafeneck deportiert und ermordet. Hierzu zählten unter anderem die  Münsterklinik Zwiefalten, die Weissenau/Ravensburg, Schussenried,  Heggbach und Ingerkingen, die Liebenau sowie die Pfingstweid/Tettnang.  Wurden die Opfer im Regelfall mit den sogenannten Grauen Bussen nach  Grafeneck gebracht, war es bei den über 450 Patienten der rheinischen  Klinik Bedburg-Hau im Kreis Kleve ein Sonderzug der Deutschen  Reichsbahn.



Zettel mit Gedanken und Fürbitten stecken in der Mauer der Gedenkstätte Grafeneck | Foto: Birgit Brüggemann
Zettel mit Gedanken und Fürbitten stecken in der Mauer der Gedenkstätte Grafeneck | Foto: Birgit Brüggemann

Die Gedenkstätte ist somit seit ihrer Errichtung 1990 eine Erinnerungs- und Mahnstätte.

Über 9.600 der Opfer sind heute namentlich ausgewiesen; Opfer eines  bisher so nicht gekannten staatlichen Massenmords. Durch die Übernahme  des Täterpersonals und der Tötungstechnologie der Gasmorde stehen die  Verbrechen der NS-„Euthanasie“ in einem direkten Zusammenhang mit dem  „Holocaust“, der Ermordung der deutschen und europäischen Juden. Der  ärztliche Direktor von Grafeneck 1940, Dr. Horst Schumann, stand später  an der Rampe von Auschwitz- Birkenau, schickte dort Menschen ins Gas und  war als Lagerarzt und Kollege von Dr. Josef Mengele für grausame und  oft tödliche Zwangssterilisationen verantwortlich.




Dokumentationszentrum

Dokumentationszentrum Grafeneck | Foto: Birgit Brüggemann
Dokumentationszentrum Grafeneck | Foto: Birgit Brüggemann

Nach jahrzehntelang verweigerter Erinnerung aber  auch Verdrängung und Tabuisierung dieses Teils der NS-Verbrechen bahnt  sich hier ein tief greifender Bewusstseinswandel an: über 20.000  Besucher zählen heute Gedenkstätte und Samariterstift mit in diesem Jahr  2012 erstmals über 500 Besuchergruppen und Fortbildungen.


Die  Gedenkstätte Grafeneck ist somit heute eine Dokumentations- und  Forschungsstätte - gleichzeitig oder vielleicht sogar in der Hauptsache –  eine sogenannte außerschulische Bildungsstätte in Sachen  historisch-politische Bildung und Demokratiebewusstsein.

Gedenkstättenarbeit in Grafeneck bedeutet aber auch ganz unmittelbare  Hilfestellung als Ort der Information für die Hunderte von Heimatorten  und Gemeinden, für die Einrichtungen aus denen die Opfer kamen, für  Träger- und Behindertenverbände und nicht zuletzt für die Angehörigen  und Verwandten der Opfer, die in jeder Woche des Jahres Grafeneck  besuchen. Die Singularität des Ortes liegt in der Gleichzeitigkeit von  gelebter Sozialdiakonie, dem Samariterstift und in einer facettenreichen  und innovativen in die Zukunft gerichteten Arbeit der Gedenkstätte  Grafeneck.



Text: Th. Stöckle


Anschrift: Gedenkstätte Grafeneck – Dokumentationszentrum, Thomas Stöckle M.A., Gedenkstättenleitung, Grafeneck 3, 72532 Gomadingen,

Tel.: 0049 (0) 7385 966 206, Fax: 0049 (0) 7385 966 208,

Internet: www.gedenkstaette-grafeneck.de, Email: info@gedenkstaette-grafeneck.de



Literatur: 


Jörg Kinzig/Thomas Stöckle (Hg.): 60 Jahre Tübinger  Grafeneck-Prozess. Betrachtungen aus historischer, juristischer,  medizinethischer und publizistischer Perspektive, Zwiefalten 2011  (Verlag Psychiatrie und Geschichte).


Grafeneck 1940 - „Wohin bringt ihr uns?“ - NS-“Euthanasie“ im  deutschen Südwesten. Geschichte, Quellen, Arbeitsblätter. Autoren:  Franka Rößner und Thomas Stöckle, hrsg. von der Landeszentrale für  politische Bildung Baden-Württemberg, Stuttgart 2011 (Reihe:  Materialien).


Franka Rößner: „Im Dienste der Schwachen“. Die Samariterstiftung  zwischen Zustimmung, Kompromiss und Protest 1930 - 1950, Nürtingen 2011.


Thomas Stöckle: Grafeneck 1940. Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland, Tübingen 3. erweiterte Auflage 2012

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